Curriculum „Psychotraumatologie“
Mit dem Zusammenbruch der DDR und der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 hatte der demokratische Kapitalismus als politisches und wirtschaftliches System an moralischer Legitimität gewonnen, die Überlegenheit des Westens schien bewiesen.
Somit konnte es sich die Gesellschaft leisten, auch Leiden, unter denen auch nichtjüdische Deutsche während des zweiten Weltkriegs gelitten haben, in den Blick zu nehmen: die vielen hunderttausend Betroffenen des alliierten Bombenkrieges, die Millionen deutscher Flüchtlinge und Vertriebene, die langfristigen Folgen von Gewalt und Verlust während des zweiten Weltkriegs nicht nur für diejenigen, die während des Krieges, sondern auch für die Generationen, die in der Nachkriegszeit aufwuchsen oder noch geboren wurden. Andererseits gerieten auch die einfachen Deutschen, die sich an der Ausgrenzung, Verfolgung, Folter und Ermordung der Juden in den 30iger und 40iger Jahren beteiligt hatten in den Blick (s. Goldhagens Buch „Hitlers willige Vollstrecker“ (1996), Ausstellung: „Verbrechen der Wehrmacht“,1995).
Parallel zu dieser Auseinandersetzung musste zudem eine andere Vergangenheit von Diktatur und Totalitarismus – die ostdeutsche – durchgearbeitet und bewältigt werden.
Die Gesellschaft beschäftigte sich mit Traumata und deren Bewältigung.
Ausgerechnet die beiden Länder, die am meisten unter dem 2. Weltkrieg gelitten hatten, beschäftigten sich besonders spät mit dem Thema „Trauma“: Deutschland und Japan.
In Amerika wurde bereits durch den Vietnamkrieg das Thema aktualisiert.
Gleichzeitig thematisierte die Frauenbewegung das Thema „häusliche Gewalt“ und ihre fatalen und verschwiegenen Auswirkungen.
Das EZI reagiert auf diese Debatte, indem es 2002 die erste Fortbildung mit Luise Reddemann ins Angebot aufnimmt. Seit 2006 bietet Lutz Ulrich Besser, Leiter des ZPTN, ein mehrteiliges, zweijähriges Curriculum zur Psychotraumatologie am EZI an.
(Aus: Fernkorn, E., Haid-Loh, A., Hufendiek, S., Meyer, A., Merbach, M und Volger, I. (EZI Berlin), Bewahren und Verändern – 1964 bis 2025.Die Entwicklung der Fort- und Weiterbildung des Evangelischen Zentralinstitutes als Antwort auf gesellschaftliche Herausforderungen.)