Erkenne dich selbst: Wer bin ich und wer will ich werden?
Zwischen therapeutischer Fürsorge und empathischer Konfrontation: Werte- und identitätsorientierte Beratung und Therapie mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Jugendliche und junge Erwachsene finden vermehrt von sich aus den Zugang zur Beratung und zur Therapie. Hierbei werden die Berater*innen und Therapeut*innen mit der ganzen Palette von Themen und Symptomen der Adoleszenz konfrontiert. Viele der Ratsuchenden befinden sich in großer Not, in schweren Krisen, mit massiven Symptomen wie Ängsten, Depressionen, Essstörungen, Selbstverletzendem Verhalten, Suizidalität. Die Pandemie und die mit ihr verbundenen Ängste, Einschränkungen und Kontaktabbrüche haben die Zahl der stark belasteten Jugendlichen und jungen Erwachsenen noch einmal signifikant erhöht. Die Kliniken und ambulanten Therapieangebote sind überfüllt, der Druck auf alle Beteiligte ist enorm. Die Beratung und Therapie von Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist für Berater*innen und Therapeut*innen immer wieder eine neue Herausforderung. Wie gelingt ein guter Zugang zu ihnen, und wie kann die beraterisch-therapeutische Beziehung so gestaltet werden, dass dem Fürsorgebedürfnis Rechnung getragen wird, ohne das Bedürfnis nach Autonomie zu beschränken? Wie kann eine lebensweltorientierte Beratung und Therapie aussehen, die der Entwicklungsphase gerecht wird und dabei nicht nur kognitive Aspekte berücksichtigt, sondern erlebnisorientiert-emotional erfolgt? Welche Bilder, Liedtexte, Sprüche und Metaphern können dabei unterstützen den eigenen Entwicklungsprozess stärker aus einer distanzierten Beobachterperspektive zu erleben, um so die eigene, emotionale Verstrickung zu lockern? Welche theoretischen Konzepte sind hierbei dienlich?
Konzept
Die Fortbildung beleuchtet die Dynamik der Adoleszenz und der Identitätsentwicklung. Der Fokus wird auf die Entwicklungsherausforderungen (Krisen) und die damit einhergehenden Bedürfnisse gelenkt und widmet sich schließlich der Entwicklung und Aufrechterhaltung entwicklungsspezifischer Symptome. Da letztlich die Haltung der Berater*in ausschlaggebend dafür ist, ob eine Beratung gelingt oder scheitert, erarbeiten wir gemeinsam eine förderliche Haltung, die einen guten Zugang zu Jugendlichen und jungen Erwachsenen ermöglicht. Hierzu dient u.a. der Ansatz der therapeutischen Präsenz nach Haim Omer. Wir üben die Beziehungsgestaltung und betrachten darauf aufbauende die Anwendung von lebensweltorientierten, emotionsfokussierten, analogen Methoden. Neben dem hypnosystemischen Ansatz, stammen die (Impact)-Methoden aus neueren bindungs- emotions- und erlebnisaktivierenden Ansätzen wie der Schematherapie, der Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT), der Compassion Focused Therapy (CFT) und der emotionsfokussierten Therapie (EFT) nach Johnson.
Es wird versucht eine gute Mischung aus theoretischen Inputs und praktischer Gruppen- und Fallarbeit, Übungen und Selbsterfahrung herzustellen. Eine rege Beteiligung am Austausch, Bereitschaft zum Rollenspiel und zur Selbstreflektion, wird von den Teilnehmer*innen explizit erwartet.
Literatur:
Jürgen Wolf (2014): Jugendliche und junge Erwachsene in der Beratung. In: Jahrbuch für Erziehungsberatung Band 10. BeltzJuventa.
Jürgen Wolf (2019): Werte- und identitätsorientierte Beratung von jungen Erwachsenen. Zwischen therapeutischer Fürsorge und empathischer Konfrontation. In: BKE: Stark verletzlich. Jugendliche in der Beratung.
Jürgen Wolf (2019): Erkenne dich selbst. Fragen zur Identitätsentwicklung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. In: Fokus Beratung 35/Dezember 2019
Video:
https://www.familienland.bayern.de/familienstark/themen-termine/bruell-mich-nicht-an-pubertaet.php
Zielgruppe
Fachkräfte in Erziehungs-, Familien- und Jugendberatungsstellen, selbständig arbeitende Therapeut*innenSa., 12.10.2024 | bis 17:00 Uhr